Permakultur

Permakultur bedeutet „dauerhafte Kultivierung“ und ist ein Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das – als Gegenentwurf zum industriellen Agrarsystem – darauf basiert, Ökosysteme und Kreisläufe in der Natur nachzuahmen.

Als Urväter dieser ganzheitlichen, ökologischen Lebensphilosophie gelten der Australier Bill Mollison, David Holmgreen und der japanische Mikrobiologo Masanobu Fukuoka. Für sein Konzept der Permakultur, das er zusammen mit Holmgreen entworfen hatte, wurde Bill Mollison 1981 der Alternative Nobelpreis verliehen.

Die Idee der Permakultur (Permanent Agriculture) umfasst dabei nicht nur ein Konzept nachhaltiger, alternativer Anbaumethoden. Sondern sie integriert auch eine Ethik die Mensch und Umwelt und deren jeweilig spezifischen Eigenheiten vor Ort mit einbezieht und auf ein achtsames, werteorientiertes Miteinander in all seiner Vielfalt bedacht ist.

Auf diesem ethischen Grundverständnis basieren folgende drei Grund-Prinzipien:

  • Earthcare: Sorge für die Erde: Boden/ Wälder/ Gewässer/ Luft
  • Peoplecare: Sorge für die Menschen: Persönlich / Familie/ Gemeinschaft
  • Faire Share & Redistribute Surplus: Teile fair, Begrenze Konsum & Wachstum, Verteile Überschüsse

Zu diesem Konzept der Permakultur Ethik wurden von Holmgren zwölf Design-Prinzipien  entworfen, die folgendes Verständnis umfassen:

  • Beobachtung & Integration
  • Speicherung & Sammlung von Energie
  • Erzielung nachhaltiger Erträge
  • Verständnis & Nutzung von Selbstregulation
  • Einsatz nachwachsender Rohstoffe
  • Keine Abfallerzeugung
  • Entwurf vom Muster hin zum Detail
  • Inklusion statt Exklusion
  • Verwendung praktisch sinnvoller, energieefizienter Lösungen
  • Vielfalt nutzen & schätzen
  • Marginales schätzen & Randzonenpotenziale erkennen und nutzen
  • Kreative Reaktion auf Veränderungen

“Die Philosophie hinter Permakultur will mit und nicht gegen die Natur arbeiten, sie ist eine Philosophie der fortlaufenden und überlegten Beobachtung und nicht des fortlaufenden und gedankenlosen Handelns; sie betrachtet Systeme in all ihren Funktionen, anstatt nur eine Art von Ertrag von ihnen zu verlangen.”

Bill Mollison


Permakultur Institut e.V. und Permakultur Akademie

Der Verein Permakultur Institut wurde 1983 gegründet und hat sich zur wichtigsten Organisation der Permakultur-Bewegung im deutschsprachigen Raum entwickelt. Zweck des Vereins ist es, die Entwicklung zukunftsfähiger Lebensweisen zu unterstützen. Der Verein organisiert Bildungsarbeit und vernetzt Permakultur-Aktive. Die Permakultur Akademie bietet seit 2003 die „Weiterbildung Permakultur Design“ an.

Auf der schönen und ausführlichen Website wird Permakultur und Permakulturdesign umfassend erklärt und es werden viele Praxisorte in Deutschland vorgestellt. Eine übersichtliche Karte und ein Kurskalender helfen bei der Orientierung.


Schloss Blumenthal – Lernort für gelebte Zukunft

Blumenthaler Gäste beim Permakultur-Workshop
Blumenthaler Gäste beim Permakultur-Workshop

Die Lebensgemeinschaft Schloss Blumenthal in der Nähe von Aichach bei Augsburg ist geprägt vom Charme des historischen Anwesens, das liebevoll und behutsam von den Eigentümer*innen und Anwohner*innen restauriert wurde. Die auf 43 Erwachsene und 18 Kinder angewachsene Lebensgemeinschaft führt ein Hotel, Gasthaus mit Biergarten, Seminarbetrieb, eine Solidarische Landwirtschaft und einen Kunst- und Kulturverein. Die Blumenthaler Gemeinschaft möchte ein bewusster Zusammenschluss von Menschen sein, die das Modell eines alternativen Zusammenlebens in Freiheit und Verantwortung für sich und füreinander wagen.


Warren Brush

2021 wurde der kalifornische Resilienz- und Permakultur-Berater Warren Brush zum ersten Mal nach Blumenthal eingeladen, um dort zu unterrichten. Warren Brush arbeitet seit 30 Jahren in der agrarökologischen Ausbildung und im Bereich regenerativen Systemdesigns für Gemeinden, privaten und öffentlichen Organisationen. Das Interview fand in Blumental Ende August 2022 während einer Permakultur- Praxiswoche statt: (gekürzte Wiedergabe)


BT: Wie würdest Du jemanden der zum ersten Mal von Permakultur hört das Thema beschreiben?
WB: Es geht um die Gestaltung regenerativer menschliche Siedlungen. Auf diese Weise wird die Art wie wir mit dem was uns am Leben erhält, in Beziehung sind, dem Land auf dem wir leben gerecht.

BT: Um was geht es bei Permakultur?
WB: Permakultur ist so praxisnah. Es ist so einfach wie mit der Sonne zu leben: Wenn Du die Fenster in Deinem Haus nicht an der richtigen Stelle anbringst und die Ausrichtung Deines Hauses nicht berücksichtigst, dann wird Dich das Energie kosten.
Und deshalb achtet Permakultur als Gestaltungswissenschaft auf die Dinge, die meinen Platz beeinflussen und wie ich mit Ihnen in Einklang sein kann.
Denn wann immer Du gegen natürliche Systeme arbeitest wird dich das Energie kosten. Das könnte zum Beispiel körperliche Energie sein, das könnte Geld sein, es könnte Öl sein. Auf viele verschiedene Arten würde Dir Energie entzogen werden.

BT: Welche Rolle spielt Permakultur für das Thema Resilienz?
WB: Meiner Meinung nach sorgt man mit Permakultur für Stabilität und Regeneration und wenn Stabilität und Regeneration durch gute Gestaltung miteinander verbunden sind, führt das zu Resilienz, denn Du hast viele Wiederholungen, alles ist mehrfach vorhanden. Durch Gestaltung vernetzt Du viele deiner Lebens-Systeme: deinen Abfallkreislauf; die Nährstoffe, die sich durch dein System bewegen und in Produktion münden. Und je mehr man das macht umso stabiler ist dein System.

BT: Für viele ist die aktuelle Lage der Welt, ökologisch, politisch, spürbare Klimaveränderungen, sehr angsteinflößend. Wie gehst du damit um?
WB: Ich finde wir leben in einer Zeit der Extreme gerade jetzt. Wir sehen Klimaextreme, politische Extreme. Eine richtig binäre Welt in der es entweder Himmel oder Hölle gibt.
Und was man in indigenen Kulturen auf der ganzen Welt sieht, ist, dass man eine dritte Sache benötigt, einen zusätzlichen Punkt um ein Gleichgewicht zu schaffen. Wie Du weißt arbeite ich viel in Flüchtlingslagern überall in Afrika und es gibt dort ausschließlich Leid und man sieht, wie trotz alldem die Beerensträucher weiterhin Beeren produzieren. Und nach wie vor hört man die Vögel am Morgen, wie sie die Sonne mit Ihrem Gesang begrüßen und für mich ist das mein Gleichgewichtspunkt innerhalb dessen. Ich spüre weiterhin die Trauer, ich frage aber, wie ich diese Trauer in Schönheit verwandelt kann. Denn Schmerz ist ein natürlicher Teil dessen ein Mensch zu sein. Ich bin der Meinung wir müssen mehr Schönheit erschaffen, wir müssen Lieder singen, wir müssen weinen, wir müssen wirklich weinen. Und unsere Tränen werden eine Gabe, die tatsächlich hilft, eine Welt auszubalancieren die momentan so binär ist.

BT: Welches Potenzial siehst Du hier in Mitteleuropa durch die Nutzung von Permakultur- Systemen auf einem größeren, regionalen Level?

WB: In den meisten Klimazonen gibt ein Bedürfnis nach Lebensmittelproduktion die mehr auf Agroforstsysteme gestützt ist. Systeme, die Baumsysteme integriert haben, helfen, die Hydrologie der Landschaft zu stabilisieren, die Biomasse, die die Landschaft erzeugt wird vergrößert, aber auch die jährlich zunehmenden Temperaturextreme werden gepuffert. Auch gemeinschaftsbasierte Organisationen, die die Ernährungssicherung ihrer eigenen Gemeinde untersuchen und überlegen wie das ausschauen kann, sind wichtig.

Ich weiß, während COVID hatten viele Gemeinden Schwierigkeiten Lebensmittel wie gewohnt zu beziehen, da globale und sogar lokale Versorgungsketten unterbrochen wurden. Das war ein Weckruf um sich zu fragen, ob den unsere lokale Lebensmittelversorgung sicher ist. Man kann dann auch noch einen Schritt weiter gehen und sich fragen ob unsere Anbaumethoden die Hydrologie des Landes wiederherstellen oder müssen unsere Enkel den Preis für unzulänglich gestaltete industrielle Systeme zahlen. Das vollständige Interview auf youtube: Blumenthaler Gäste – Warren Brush

Bilder und Interview: Schloss Blumenthal/Steffen Sanzenbacher