Das DOK.fest München 2021 zeigt vom 5. bis 23. Mai eine Auswahl der besten internationalen Dokumentarfilme auf der digitalen Leinwand @home.
Deutschlands größtes Dokumentarfilmfestival präsentiert 131 Filme aus 43 Ländern. Aufgrund der anhaltenden Pandemie gibt es die Filme auch heuer wieder im Heimkino. Das virtuelle Rahmenprogramm mit Eröffnung und Filmgesprächen garantiert dennoch ein (digitales) Festivalgefühl.
Drängende Themen und aktuelle Fragestellungen zum Umgang mit Umwelt und Natur oder zu nachhaltigen Lebensstilen sind längst fester Bestandteil des Programms des Münchner Dok.fest. In diesem Jahr gibt es deshalb wieder empfehlenswerte, spannende Dokumentationen, wie gemacht für urbane Gärtner*innen. Sie sind regelrechte „Augenöffner“ – und so lautet auch das diesjährige Motto des Filmfestivals.
MONOBLOC
Wer kennt schon die Geschichte des Plastikstuhls, der in so vielen (urbanen) Gärten steht. Als selbstverständlicher Bestandteil des Gartens wird er täglich genutzt. Wir „besitzen“ ihn, ohne über ihn nachzudenken. Doch wie jedes Ding hat auch er eine spannende Geschichte. Haule Wendler erzählt sie im Dokumentarfilm Monobloc:
Hauke Wendler, Deutschland 2021, 90 Min., Originalfassung: Portugiesisch, Italienisch, Hindi, Luganda, Französisch, Englisch, Deutsch – Untertitel: Deutsch, Englisch
„Jeder ist schon einmal auf ihm gesessen: auf jenem geliebten, gehassten Plastikstuhl, der in jeder Strandbar, jedem Vorgarten, vor jeder Frittenbude sein Dasein fristet. Wussten Sie eigentlich, wer ihn erfunden hat? Und wer ihn dann als Massenware produziert hat? Dass er sogar im Museum steht? Wo muss ein Filmteam überall hinreisen, um eine Geschichte zu erzählen, die von Wirtschaft, Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Würde erzählt – und über eine seltsame Beziehung: die zwischen Menschen und Dingen. Eine kuriose Reise nach Afrika, Indien, USA, Frankreich, Brasilien… auf der Suche nach einem Stuhl, der immer schon da ist, bevor man angekommen ist. Ein persönliches Porträt von einem der auszog – um sitzen zu lernen.“
Elena Álvarez, (c) dok.fest München
WOOD – DER GERAUBTE WALD
Michaela Kirst, Monica Lazurean-Gorgan, Ebba Sinzinger, Deutschland/Rumänien/Österreich 2020, 97 Min., Originalfassung: Rumänisch, Englisch, Deutsch – Untertitel: Englisch, Deutsch
Jeder hat von illegalem Holzabbau gehört. Jeder weiß, dass Unmengen abgeholzt werden – um genau zu sein: weltweit alle zwei Sekunden die Größe eines Fußballfeldes. Aber doch nicht in Europa! Von wegen: Auch hier ist der Handel mit illegalem Holz Tagesgeschäft. Das eigene Billy-Regal entstammt vermutlich aus verbotener Rodung. Große Firmen aus Österreich schaffen Anreize in Rumänien, Holz illegal abzubauen. Die Herkunft der Ware, ob Wirtschaftswald oder Nationalpark, ist dabei egal. Wenn jemand genauer hinsieht, wird gedroht. Der Film begleitet ein investigatives Team rund um den Globus. Angeführt von einem ehemaligen US-Marine-Mitglied werden mit Undercover-Methoden Mittel der weltweiten Holzmafia aufgespürt. Ziel ist es, mit neuen Regeln die illegalen Machenschaften zu unterbinden.
Katharina Dolles, (c) dok.fest München
HOLGUT
Liesbeth De Ceulaer, Belgien 2021, Originalfassung: Russisch – Untertitel: Englisch
„Permafrost ist irgendwie cool!” Zwei Expeditionen führen uns in die raue Weite Jakutiens. Während ein Junge aus der Stadt von seinem Bruder in die Kunst der Jagd eingeführt wird, durchgräbt ein Forscher den allmählich schmelzenden Permafrostboden. Er sucht nach einer einzigen, perfekt erhaltenen Mammutzelle. Seine Vision: die Riesen der Eiszeit eines Tages im Genlabor zu klonen und in der Tundra wieder auszuwildern. Zwischen Hightech-Träumen und urzeitlichen Ritualen spannt der Film einen faszinierenden Bogen mit majestätischen, düsteren Bildern von einer Natur, die es so vielleicht bald nicht mehr geben wird. Hier, in der Dämmerung der Zeiten, vermischen sich Realität und Fiktion, Zukunftsvision und Mythos.
DIE KUNST DER FOLGENLOSIGKEIT
Jakob Brossmann, Friedrich von Borries, Deutschland 2020, 67 Min., Originalfassung: Französisch, Englisch, Deutsch – Untertitel: Englisch
„Was im Moment als sinnvolles Leben angesehen wird, hat ja zum Zustand der Zerstörung unserer Natur geführt, den wir jetzt erleben.“ Der Architekt und Designtheoretiker Friedrich von Borries hat einen Gegenvorschlag: folgenlos leben! Sich von Erfolg und Wachstum lossagen. Diese Idee aufgreifend, entwickelt der Regisseur Jakob Brossmann ein kunstvoll verschachteltes hybrides Szenario, konfrontiert Dokumentarisches mit Fiktionalem und lässt innerhalb der verschiedenen Ebenen Figuren wie Darstellende – und nicht zuletzt von Borries und sich selbst – zu Wort kommen. Was ist Kunst, was kann, soll sie politisch bewirken? Wie wichtig ist Erfolg und was bedeutet es, ein Leben zu führen, das keine negativen Folgen hat? Ein Film, der dazu einlädt mitzudiskutieren!
Selime Schauer-Altinbilek, (c) dok.fest München
LIFE OF IVANNA
Renato Borrayo Serrano, Russland/Norwegen/Finnland, 77 Min., Originalfassung: Russisch – Untertitel: Ohne, Englisch
Leben im Permafrost: Wäsche waschen, Holz hacken, Rentier zerlegen. Draußen – ewiges Eis. Drinnen – fünf kleine Kinder mit ihrer jungen Mutter Ivanna. Die Kippe steckt in ihrem Mund wie das Ofenrohr in ihrer mit Rentierleder bespannten Hütte. Wenn der Sturm zu stark daran rüttelt, wird sie einfach aus dem Wind gedreht, das Haus steht auf Kufen. Wenn das kleine Nomadenvolk der Nenzen weiterzieht, werden vorne die Rentiere eingespannt. Ivanna führt noch das mühsame Leben ihrer Eltern und träumt von einem eigenen Haus in der Stadt. „Ich möchte alles ändern. Ein gutes Leben haben.“ Der Besuch bei ihrem alkoholabhängigen Mann bietet keine guten Aussichten. Am Ende hat er ein weiteres Mal seinen Beitrag geleistet. Porträt einer starken Frau.
Christian Lösch, (c) dok.fest München
MORNING STAR
Nantenaina Lova, Madagascar 2020, 77 Min., Originalfassung: Madagassisch – Untertitel: Englisch
Für das australische Bergbauunternehmen Base Toliara ist der Strand von XXX ein Gebiet voll ungenutzter wertvoller Rohstoffe, für die Regierung von Madagaskar eine Chance auf schnelles Wirtschaftswachstum. Für dessen Einwohner im Südwesten der afrikanischen Insel jedoch bedeutet er Heimat und Lebensgrundlage. Hier gehen sie fischen, hier liegen ihre Ahnen begraben. In einem Kampf „David gegen Goliath“ leisten sie Widerstand und versuchen, sich den erbarmungslosen Mühlen des globalen Kapitalismus entgegenzustellen. Zum Soundtrack ihrer rituellen Gesänge begleiten wir diese Menschen auch bei ihrem alltäglichen Leben. Ein neues Kanu wird gekauft, die Speerfischer fahren zur See, Kinder plantschen im Fluss. Es wird allzu deutlich, was hier auf dem Spiel steht.
Philipp Großmann, (c) dok.fest München
Das Programm finden Sie unter www.dokfest-muenchen.de. Dort können Sie Filme auswählen und online bezahlen. Die Filme können Sie vom 6. bis zum 23. Mai anschauen. Das Streaming steht ab dem ersten Start 48 Stunden lang zur Verfügung: Ein Ticket kostet 6 Euro, das Soli-Ticket 7 Euro (inkl. 1 Euro für unsere Partnerkinos). Zudem gibt es einen Festivalpass für 70 Euro (inkl. 5 Euro Kino-Soli).