Bericht vom Netzwerktreffen der Urbanen Gärten München – Gärtnern im Klimawandel

Nach der gut besuchten und quirligen Jungpflanzen-Tauschbörse konnten wir zunächst bei strahlenden Sonnenschein das Netzwerktreffen draussen am Wabenplatz beginnen – später wurde es uns zu kalt – trotz Klimawandel – und wir zogen ins Haus um.

Gleich nach der Vorstellungsrunde stiegen wir in unser Thema „Gärtnern im Klimawandel“ ein.

Ruth Mahla von den Urbanen Gärten München stellte kurz die gemessenen und erfahrbaren Veränderungen anhand der Daten des Deutschen Wettedienstes vor, wobei die Daten der Phänologischen Uhr fürs Gärtnern wichtige Trends sehr gut veranschaulichen: Charakteristisch sind kürzere Winter mit weniger Frosttagen und frühere Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien.

Gegenüber dem vieljährigen Mittel (Daten 1992 – Vorjahr) setzt z.B. die Blüte der Hasel im Erstfrühling und die Apfelblüte, die den Beginn des Vollfrühlings markiert, 2 bis 3 Wochen früher ein.

Phänologische Uhr 2024: Kurzer Winter und frühe Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien
Phänologische Uhr


In Bayern geht der Trend in die gleiche Richtung, fiel aber 2025 gemäßigter aus:

Die Haselblüte war dieses Jahr in Bayern nur 4 Tage früher dran – die Apfelblüte setzte 2025 in Bayern 9 Tage früher ein – nämlich am 17.4. ein.

Allgemeine Beschreibung der Veränderungen

  • Niederschlagsabnahme und erhöhtes Trockenheitsrisiko im Frühjahr
  • Kontinuierliche Erwärmung mit erhöhter Hitzebelastung im Sommer
  • Mehr Sommer- und Hitzetage, anhaltende Trocken- und Hitzeperioden im Sommer
  • Lange Trockenperioden unterbrochen von heftigen Starkregenereignissen im Sommer
  • Niederschlagszunahme im Sommer, erhöhtes Hochwasser- und Erosionsrisiko
  • Milderes Herbst- und Winterklima mit weniger Frosttagen

Beobachtungen und Erfahrungen der Gartenaktiven

Frauke Feuss vom ÖBZ moderierte den nun folgenden, interessanten und lebhaften Austausch über die Erfahrungen und Anpassungsstrategien der Gartenaktiven, dessen wichtigste Punkte im Folgenden zusammengefasst sind:

Frühere Aussaat- und Pflanztermine und Feigen am Balkon

Die Erfahrung, dass die Vegetationsperiode insgesamt länger dauert und der Anbau von kälteempfindlichen Kulturpflanzen vorverlegt werden kann, haben viele Gärtner*innen gemacht. Einige äußerten auch, dass die Eisheiligen nicht mehr „so viel Angst“ machen, so dass Paprika, Kürbis & Co vor dem 16. Mai gepflanzt werden. Ein erfreulicher Aspekt der insgesamt verlängerten Vegetationsperiode ist, dass für die kälteempfindlichen Südländer, v.a. für Auberginen und Paprika die Saison jetzt zum Ausreifen im Freiland lang genug ist. Auch die schützenden Abdeckfliesse lassen einige Gärtner*innen jetzt weg. Balkongärtner*innen freuten sich über gute Erträge von Feigen und Wein.

Das dringlichste Problem: Trockenheit und Hitze

Die meisten Beiträge kamen zu dem Thema, welches alle Gärtner*innen umtreibt: Was tun bei lang anhaltenden Trockenheit- und Hitzeperioden?

Die Antwort der Gartenaktiven: Bodenpflege, ressourcenschonende Bewässerung, Beschattung, aber auch angepasste Pflanzenauswahl.

Wie auch die befragten Gartenpfleger in der Umfrage zum Klimawandel-Bewusstsein des Projekts „GartenKlimA“ (Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf), sahen die urbanen Gärtner*innen die wichtigste Anpassungsstrategie in Humusaufbau und verbesserter Bodenpflege: „Mulchen, Mulchen, Mulchen“ – artikulierte es eine Teilnehmerin und die beste Methode, um einerseits das Bodenleben zu ernähren, den Humusaufbau zu fördern und den Boden nicht austrocknen zu lassen, sind dicke Mulchschichten um alle Kulturen, die dies vertragen. Dabei kann die Schneckenplage, die man sich mit dem Mulch aufs Beet holt durch bestimmte Strategien eingedämmt – aber nicht gänzlich verhindert werden. Die Mulchmaterialien sollten vorher immer abgetrocknet und mit holzigen Anteilen, wie verholzten Stauden- und Gehölzschnitt vom Vorjahr durchmischt sein. Rauhes, holziges Material sollte v.a. am Beetrand die zarten Jungpflanzen schützen, denn die Nacktschnecken können sich über rauhe Oberflächen nicht fortbewegen. Das ganze weitere Arsenal der ökologischen Bodenpflege- und Düngemethoden kam zur Sprache: Boden immer bedeckt halten, Hacken statt Gießen, Bokashi einarbeiten, Kompostwirtschaft allgemein und Keyhole Kompost, v.a. im Hochbeet, in leichte Sandböden Lehm und viel Organik einarbeiten….

Insgesamt waren sich die Gartenaktiven bewußt darüber, dass der Schlüssel zum ertragreichen Gärtnern mit Kulturpflanzen in einem besseren Verständnis des komplexen Lebensraum Boden besteht, von dessen Krümelstabilität und Wasserspeicherfähigkeit die Zukunft unseres Gemüseanbaus abhängt.

Als weitere wichtige Punkte, die nicht so bekannt und noch nicht allgemeine Praxis sind, wurden einerseits der Anbau von mehrjährigen Gemüsearten, die trockenresistenter und auch allgemein ressourcen- und bodenschonender sind, sowie ressourcenschonende Pflanz- und Bewässerungsmethoden thematisiert.

Pflanzen kann man zu stärkeren und tieferen Wurzelwachstum anregen, indem man Wasser nur ins Pflanzloch gibt, und die umgebende Oberfläche nicht gießt. Die Pflanzen holen sich ihr Wasser aus den tieferen Bodenschichten, halten damit den Boden auch in der Tiefe fruchtbar und locker und sind von der raschen Austrocknung der Oberflächen-Wurzeln nicht betroffen. Solche „erzogenen“ tiefwurzelnden Pflanzen sind robuster und stabiler, eventuelle Wachstumsverzögerungen holen sie nach ca. 2 Wochen ein.

Wasserverschwendung in den Gärten durch ungeeignete Gießmethoden muss in den nächsten Jahren mehr thematisiert werden. Wir sollten uns die Methoden der Regenwasserbewirtschaftung, wie sie z.B. im Klimawandelgarten (Ludwigsstraße 2 in München) vorgestellt werden zu eigen machen. Mit Ollas, oder einfachen in den Boden gesteckten Plastikflaschen erreicht man eine langsame Wasserabgabe, die Gießen auch im Hochsommer nur alle paar Tage nötig macht. Prinzipiell sollte weniger häufig, dann aber mehr und langsamer gegossen werden. Wenn nur die Oberfläche benetzt wird, verdunstet sehr viel mehr Wasser und die Pflanze kann sich nur mit den oberflächlichen Wurzeln das nötige Wasser beschaffen. Das wollen wir ja gerade nicht. Wenn man den Finger in die Erde steckt und man ertastet an der Fingerspitze noch Feuchtigkeit, ist die Pflanze noch versorgt – erst wenn die ersten 15 cm trocken sind muss – möglichst sanft und langsam – gegossen werden. Dabei niemals einen heftigen, auch noch kalten Schwall aus Hüfthöhe auf die Pflanzen gießen. Immer möglichst angewärmtes, möglichst gesammeltes Regenwasser bodennah und langsam um die Pflanzen – nicht auf die Blätter – gießen. Wer es sich leisten kann: Automatische Tröpfchenbewässerung ist das Mittel der Wahl – Rasensprengen wie früher mittlerweile ein Tabu.

In Zeiten des Trockenstress sollte man auch an die Tiere im Garten und auf dem Balkon denken und immer saubere, flache Wasserschalen bereit stellen. Vögel und Insekten leiden oft sehr unter Wassermangel und müssen unterstützt werden.

Weitere Beiträge

BioDivHubs-Projekt: Gärtnern mit einheimischen Wildpflanzen

Konrad Bucher, Gartenkoordinator Stadtacker und ÖBZ, sowie Mitarbeiter beim Projekt BioDivHubs – Biodiversität ins Quartier, stellte uns nach unserer Austauschrunde das Gärtnern mit einheimischen Wildpflanzen vor. Die einheimischen Arten sind seit Jahrhunderten wechselhafte klimatische Verhältnisse gewöhnt und haben so eine große genetische Variabilität und damit Anpassungsfähigkeit entwickelt. Langfristig werden aber sicher noch mehr Florenelemente aus dem Südosten bei uns Einzug halten und eine neue Heimat finden, so wie es auch jetzt schon „Profiteure“ der Klimaerwärmung, wie Holzbiene und Wechselkröte gibt. Die Artenvielfalt in unseren Gärten und Quartieren profitiert sehr durch die Entwicklung hin zum Naturgarten und durch erhöhte Biodiversität werden die Ökosysteme nicht nur vielfältiger, sondern auch stabiler und robuster. Mehr zu diesem Thema findet ihr hier.

Urbaner Waldgarten: ein zukunftsweisendes Modellprojekt

Danach stellte uns Quentin vom Projekt „Urbaner Waldgarten München“ das Prinzip des Waldgartens vor, das wohl die konsequenteste und schönste Anpassung an das Gärtnern im Klimawandel darstellt.

Beschattung wird nicht nur für empfindliche Pflanzen, sondern vor allem auch für die Menschen, die gärtnern, sich bewegen und die Natur genießen wollen immer wichtiger werden. Ein Waldgarten bietet nicht nur ein kühleres Mikroklima durch mehr Verdunstungskälte, speichert mehr Feuchtigkeit in Boden und Bäumen, sondern bietet durch seine Schatten, Halbschatten und Offenlandzonen auch der größtmöglichen Artenvielfalt Nischen zum Wachsen und Gedeihen. Mehr zum Projekt hier

Ausblick und Terminankündigungen

TermineNetzwerktreffenMai25

Zum Schluss gab es noch einige Terminankündigungen und Einladungen, wie zum Beispiel der Tag der offenen Gartentür am Sonntag, den 22. Juni im ÖBZ.

Weitere Veranstaltungen auf der Veranstaltungsseite des ÖBZ

…..und in unserem Terminkalender.

Das nächste Netzwerktreffen der Urbanen Gärten München findet am Freitag, den 17.10. 2025 zwischen 18 und 21 Uhr wieder hier im ÖBZ statt. Diesmal wird es eine gemeinsame Kochaktion mit regionalen Biolandwirten geben. Das Programm dazu wird ab Mitte September hier auf der Website und in unseren Newsletter veröffentlicht.


Gemeinsam Gutes wachsen lassen….

Zuletzt noch ein Tipp: Für gartenaffine Pädagog*innen, Jugendbetreuer*innen und Multiplikator*innen gibt es noch freie Plätze für die neue Reihe „Gartenpädagogik für Multiplikator*innen“.

Termine:

Sommer-Workshop: 24. Juli 2025; 16:30 – 19:00 Uhr (Generationengarten)

Herbst-Workshop: 25. September 2025; 17:00 – 19:30 Uhr;

Winter-Workshop: 29. November 2025; 11:00 – 13:30 Uhr;

Unser Projekt ist Teil der BNE-VISION 2030, ein Projekt der Landeshauptstadt München, das Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Landeshauptstadt München strukturell verankern soll.


Text und Fotos: Ruth Mahla