Das Vermehren von Saatgut durch Selektieren, Aufbewahren, Kreuzen und Weitergeben ist eine sehr alte, lebensnotwendige Kulturtechnik, die lange zum Alltag von breiten Bevölkerungsschichten gehörte. Durch die dezentrale Anpassung von Sorten an die jeweiligen klimatischen und Bodenbedingungen entstand eine große Vielfalt von Nutzpflanzen. Im Zuge der modernen kommerziellen Pflanzenzüchtung, die sich vorrangig auf die Ansprüche der industriellen Landwirtschaft ausrichtet, geht die Vielfalt alter und nachbaufähiger (samenfester) Gemüsesorten drastisch zurück. Hybridsorten eignen sich auch weniger als Insektennahrung. Deshalb verschwinden mit dem Siegeszug dieses nicht nachbaufähigen Saatguts auch die Lebensräume vieler bestäubender Insekten. Die Bewahrung der Agrobiodiversität bedeutet so auch, die Biodiversität zu erhalten. Doch das Kulturgut Saatgut ist mit der Industrialisierung der Landwirtschaft zur privatisierten Ware gemacht worden. Eine Handvoll multinational agierender Chemiekonzerne beherrscht den internationalen Saatgutmarkt. Projekte wie Saatgut-Börsen dienen dazu, die Souveränität über die Grundlage unserer Nahrung zu behaupten.
Tauschbörse
Die Tauschbörse des Ökologischen Bildungszentrums in Kooperation mit dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt lädt alle Gärtner*innen, die Saatgut vermehren und abgeben möchten, zum Austausch mit Gleichgesinnten ein. Auch Neueinsteiger*innen, die (noch) nichts zum Tauschen anbieten können, sind herzlich willkommen, da es erfahrungsgemäß von einigen Sorten reichlich Saatgut gibt. Für eine erfolgreiche Aussaat ist keimfähiges Saatgut mit genauen Sortennamen bzw. Beschreibung nötig. Daher sollte das angebotene Saatgut mit folgenden Information versehen sein: – Sortenname oder eine aussagekräftige Beschreibung – Erntejahr Tütchen für Saatgut können gern mitgebracht oder vor Ort nach Anleitung mit bereitgestelltem Papier selbst gefaltet werden.
Rahmenprogramm
Neben einer großen Saatgutbörse bietet das ÖBZ deshalb ein interessantes Rahmenprogramm, das mit Vorträgen von namhaften Expert*innen über die Bedeutung von Biodiversität, insektenfreundlichen Gärten und ökologischem Landbau informiert. Außerdem erwartet Sie ein buntes Kinderprogramm und ein öko-kulinarisches Angebot.
Ihr wollt einen Gemeinschaftsgarten aufbauen und fragt euch, wie das eigentlich geht? Wie findet man eine geeignete Fläche und Mitstreiter*innen? Welche Rechtsform ist geeignet, was muss man beachten und wie organisiert man Kommunikation und Entscheidungsfindungen? Sollen es individuelle Beete oder Gemeinschaftsbeete werden? Woher bekommt man gute Erde und wie legt man gärtnerisch los? Oder: Der Anfang ist gemacht – aber wie geht es jetzt weiter?
Im Mittelpunkt des Workshops stehen der Austausch und die Beratung zu euren Fragen. Wir werden in Arbeitsgruppen und im Plenum arbeiten.
18.15 Uhr Beantwortung von Fragen, Impulse zum Weiterarbeiten
19.30 Uhr Pause mit kleiner Brotzeit
19.45 Uhr Arbeitsgruppen
20.30 Uhr Vorstellung der Ergebnisse im Plenum
21.00 Uhr Ende der Veranstaltung
Teilnahme und Anmeldung:
Die Teilnahme ist kostenfrei. Insgesamt können 20 Personen teilnehmen. Um möglichst vielen Gärten die Teilnahme zu ermöglichen, bitten wir euch, max. zwei Personen pro Gartenprojekt anzumelden. Verbindliche Anmeldung mit Angabe des Gartenprojekts und euren Themen und Fragen bitte bis zum 22.3.2019 an gudrun.walesch@anstiftung.de.
Verpflegung: Getränke und eine vegane Brotzeit stehen zur Verfügung.
Wir freuen uns auf eure vorab übersendeten Fragen und Themen sowie auf den Austausch am 28. März!
Vom Münchner Hauptbahnhof mit der U1 oder U2 bis Sendlinger Tor, dort umsteigen in die U3 oder U6 bis Poccistraße. Dort in Fahrtrichtung ins Sperrengeschoss und von dort über den rechten Ausgang an die Oberfläche gehen. Das große Gebäude vor der Unterführung ist der Lindwurmhof. Durch den Eingang neben dem STROM; über den Hof zum Aufgang 2 und weiter in den 5. Stock. Lift ist vorhanden. ÖPNV-Planer: https://www.mvg.de/
Haftungsbeschränkung:
Der/die TeilnehmerIn erkennt den Haftungsausschluss des Veranstalters für Schäden jeglicher Art an. Er/sie verpflichtet sich, weder gegen den Veranstalter noch gegen Kooperationspartner Ansprüche wegen Schäden und Verletzungen jeglicher Art geltend zu machen, die ihm/ihr durch die Teilnahme an der Veranstaltung entstanden sind. Die Teilnahme an der Veranstaltung geschieht auf eigene Gefahr.
Auf dem bisherigen Erfolg des Volksbegehrens sollten wir uns nicht ausruhen, denn es fehlen noch Stimmen für die gesetzliche Verankerung einiger wichtiger Maßnahmen zum Erhalten der Artenvielfalt. Der Ansturm auf die Rathäuser macht aber auch Mut, dass ca. 1 Million Stimmberechtigte für das Volksbegehren unterschreiben und damit die benötigten 10 Prozent der Stimmen erreicht werden.
Teilnehmen dürfen alle stimmberechtigten Bürger*innen mit Hauptwohnsitz in Bayern. Die Gemeinden bieten zusätzliche Stellen zum Eintragen und erweiterte Öffnungszeiten an. Das Aktionsbündnis führt in seinem Rathausfinder alle Eintragungslokale auf.
Ziel des Volksbegehrens ist, Regelungen im bayerischen Naturschutzgesetz zu verankern, die die Artenvielfalt retten. Die Kernforderungen sind:
die bayernweite Vernetzung von Lebensräumen für Tiere;
die Erhaltung von Hecken, Bäumen und kleinen Gewässern in der Landwirtschaft;
der Erhalt und die Schaffung blühender Randstreifen an allen Bächen und Gräben;
der massive Ausbau der ökologischen Landwirtschaft;
die Umwandlung von zehn Prozent aller Wiesen in Blühwiesen;
die pestizidfreie Bewirtschaftung aller staatlichen Flächen;
die Aufnahme des Naturschutzes in die Ausbildung von Land- und Forstwirt*innen.
Die Nachricht ist erschreckend: Über 75 % der Insekten sind
zwischen 1989 und 2017 ausgestorben. Das ist der Zeitraum, in dem
Amateur-Insektenforscher*innen von der Entomologischen Gesellschaft Krefeld
eine umfassende systematische Feldforschung an vielen Standorten in Deutschland
durchgeführt haben. Noch erschreckender ist die Vorstellung, dass dieser
Artenschwund nicht auf diesem Niveau verharren, sondern mit hoher
Geschwindigkeit weiter voranschreiten wird. Dass diese Nachricht im Jahr 2017
nicht mehr Unbehagen auslöste, liegt vermutlich an der abstrakten, wenn auch
hohen Zahl. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass es schwerfällt,
empathisch zu sein mit Tieren, die uns so wenig ähnlich sind, die oft genug als
störend empfunden und nicht selten nur als Leichen an Windschutzscheiben,
Fliegenfängern und im Kuchenbüffet wahrgenommen werden.
Visuelle Darstellung der planetaren Grenzen nach Will Steffen u. a., 2015
Rechtzeitig zum bayerischen Volksbegehren „Artenvielfalt“ ist ein wichtiges Buch erschienen, dessen Lektüre zu Unbehagen führt, weil es uns die Konsequenzen dieses Artensterbens konkret und eindringlich darstellt. Die Monografie mit dem Titel „Das große Insektensterben. Was es bedeutet und was wir jetzt tun müssen“ gibt umfassende Informationen zur Zentralität der Artenvielfalt für unser Ökosystem und die vielfältigen Hintergründe des Artenschwundes. Verfasst wurde es von zwei Autor*innen, die einander in ihrer Expertise wunderbar ergänzen. Der promovierte Biologe, Schmetterlingskundler der Zoologischen Staatssammlung München und Präsident der Münchner Entomologischen Gesellschaft, Andreas H. Segerer, gewährt einen Einblick sowohl in die Insektenkunde, als auch in die „Ökosystemdienstleistungen“ der Insekten, den Status quo der Landwirtschaftspraxis und -politik und den Natur- und Umweltschutz. Eva Rosenkranz, Literaturwissenschaftlerin und engagierte Naturschützerin mit eigenem Garten, ergänzt seine Ausführungen mit praxisnahen Hinweisen zum Insektenschutz im Garten und im Alltag.
Ursachen und Folgen des Insektensterben
Eingeleitet werden die Kapitel von Segerer durch
biografische Notizen, vor allem Erinnerungen an seine Kindheit in einer vielfältigeren
Natur. Viele Pflanzen und Tiere, die er als Kind und Jugendlicher noch erlebt,
beobachtet und gesammelt hat, sind bereits verschwunden. Was wir heute als
blühende Wiese wahrnehmen, ist nur ein matter Abglanz der ehemaligen
ökologischen Vielfalt. Mit diesen Vergleichen demonstriert er auch die
„Shifting Baselines“, das Verschieben der Orientierungspunkte. Monotone
Grünflächen sind uns zur Normalität geworden, weshalb der Artenverlust weniger
drastisch wahrgenommen wird als er tatsächlich ist. Gegen die Normalisierung
von ausgeräumten und zugebauten Landschaften argumentiert Segerer folglich
erkenntnisreich an. Auch wenn uns Wespen und Mücken nicht abgehen, sind sie dennoch
unverzichtbar für das Ökosystem. Denn Insekten nehmen eine Schlüsselrolle in
ihm ein: Unter anderem bestäuben sie Pflanzen, dienen anderen Tieren
(einschließlich Menschen) als Nahrungsquelle, zersetzen Tierkadaver und
abgestorbene Pflanzen, produzieren Naturstoffe wie Honig und dezimieren
Beikräuter. Ihr Fehlen im Ökosystem hat weitreichende Effekte wie den Verlust
vieler (Nutz-)Pflanzen, das Aussterben von insektenfressenden Tieren und die
Ausbreitung von Bakterien und Schimmelpilzen. Obwohl das auf den ersten Blick
überschaubar erscheint, steht nicht weniger als das Funktionieren des
Ökosystems auf dem Spiel. Andreas Segerer ist bei der Beschreibung der
potenziellen Folgen des Artenrückgangs weit entfernt von Spekulation,
Schwarzweißmalerei oder Panikmache. Stattdessen verweist er auf
unterschiedliche wissenschaftliche Szenarien und die Komplexität von
Biosystemen, die ein Vorhersagen der tatsächlichen Folgen des Artensterbens
erschwert. Dass das „sechste große Massensterben“ in der Erdgeschichte aber
nicht folgenlos bleibt, betont er dennoch mit Nachdruck. Denn der Verlust der
genetischen Vielfalt gehört neben der Überdüngung zu den planetaren
Belastungsgrenzen, die bisher am weitesten überschritten sind.
Die Landwirtschaft hat’s gegeben, die Landwirtschaft hat’s
genommen
Auf der Suche nach den Tätern geht der Insektenforscher ebenso differenziert vor: Flurbereinigung, Flächenfraß, Monokulturen (mit Energiepflanzen), Pestizid- und Herbizideinsatz sowie Überdüngung haben durchschlagenden „Erfolg“. Die Vielfalt sowohl von Wild- als auch Nutzpflanzen und –tieren, die durch den Landbau erst entstehen konnte, wird nun durch die intensive, exportorientierte Landwirtschaft dezimiert. Das Ausrotten geschieht legal und wird zudem von der Agrarpolitik mit Subventionen belohnt. Doch auch beim staatlichen Naturschutz sieht der Insektenforscher Nachholbedarf. Anstatt mit Artenschutzprogrammen einzelne Arten zu schützen, sollte der Fokus auf dem Ökosystemschutz liegen. Zudem fordert der Wissenschaftler mehr Förderung der Wissensproduktion und -vermittlung, denn im Umweltwissen sieht er die Voraussetzung für Umweltschutz.
„Be the change you want to see“
Eva Rosenkranz nimmt diesen dicht gesponnenen Faden auf und
zeigt, wie Insektenschutz im Alltag funktioniert. Neben politischem Engagement
und kritischem Konsum sieht sie im Garten das Potenzial, um Lebensräume für
Insekten zu bewahren und zu schaffen. Auch wenn es sich nur um kleine
Bausteinchen handelt, die unsere Privat- und Gemeinschaftsgärten im Vergleich
zu den agrarisch genutzten und mit Infrastruktur überbauten Flächen ausmachen, können
sie einen kleinen Beitrag leisten. Daneben hilft ein Umdenken. Denn Begriffe
wie „Umwelt“ und „Grünfläche“ verleiten zu allzu großer Abstraktion und
Distanz. Stattdessen sollten wir uns als Teil der Natur begreifen und
„Grünflächen“ als Wiesen voller Leben. Rosenkranz gibt wertvoll Tipps zur
insektenfreundlichen Bepflanzung von Gärten und zu deren naturnahen Gestaltung.
Diese kleinen Maßnahmen betrachtet sie als Teil eines nachhaltigen Lebensstils,
zu dem auch politisches Handeln gehört. Der Wandel beginnt bei den Einzelnen,
hört bei ihnen aber nicht auf. Mit dem Motto „Be the change you want to see“
ermutigt sie dazu, die vom Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber geforderte „Weltbürgerbewegung“
zu formieren. Sowohl Eva Rosenkranz als auch Andreas Segerer halten eine
Agrarwende für unumgänglich, um die von der industriellen Landwirtschaft
verursachten Schäden zu minimieren.
„Das große Insektensterben“ überzeugt durch anschauliche Beispiele und eine gelungene Auswahl gut aufbereiteter Informationen. Das Buch ist reichhaltig illustriert und durch zahlreiche Schaubilder und farblich hervorgehobene Exkurse bereichert, in denen Details aufbereitet und verschiedene Einblicke gewährt werden. Hinter dem schlichten Paperback-Format verbirgt sich ein aufwendig gestaltetes Buch, das aufklärt, aufrüttelt, aber auch Mut macht.
Bayerns bedrohte Tiere tragen sich für das Volksbegehren im Rathaus ein – Alle Bürger*innen sind zum bunten Umzug eingeladen
Am: Freitag, 8. Februar 2019 Ab 14:00 Uhr: Aufstellung auf dem Max-Joseph-Platz vor der Oper
Tram 19: Haltestelle Nationaltheater; U3/U6: Haltestelle Odeonsplatz oder Marienplatz
14:30 Uhr: Umzug startet 15:15 Uhr: Ankunft am Marienplatz, Tiere tragen sich im Rathaus ein
Rund die Hälfte der einheimischen Tiere und rund zwei Drittel der einheimischen Pflanzen sind laut Roten Listen in Bayern gefährdet. Das möchte das „Volksbegehrens Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ ändern. Die Organisator*innen wollen den bedrohten Tieren und Pflanzen Bayerns nun eine Stimme und ein Gesicht geben. Sie werden sich selbst für das Volksbegehren Artenvielfalt eintragen.
Alle Bürger*innen Bayerns sind deshalb eingeladen als Tier oder Pflanze verkleidet an einem fröhlichen Umzug der Artenvielfalt teilzunehmen. Bunte, kreative Kostüme sind erwünscht, es reicht jedoch auch ein Stofftier oder eine Blume im Haar. Die Organisator*innen freuen sich auf Teilnehmer*innen jeden Alters.