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Ökologisches Saatgut

Biosaatgut ist nicht gleich Biosorte

In Gartencentern oder Baumärkten werden seit einiger Zeit auch Biosaatgut und Biojungpflanzen angeboten. Aber Achtung, meistens handelt es sich bei diesen Anbietern um Bio-Linien großer Saatgutkonzerne oder deren Tochterfirmen.

Eine biologisch gezüchtete Sorte wächst über lange Zeit auf ökologisch bewirtschafteten Böden ohne Einsatz von Chemie und mineralischen Düngern. So lernt sie, mit organisch gedüngten Böden gut zurecht zu kommen, ein stärkeres Wurzelwachstum auszubilden, ohne Hilfe von Unkrautvernichtungsmitteln heranzuwachsen und Schädlingen zu trotzen. Mit diesen Eigenschaften ist sie auch ideal für unsere urbanen Gärten. Deshalb sollten wir beim Kauf von Saatgut darauf achten, dass es aus ökologischen Züchtungsbetrieben stammt. Denn es reicht nicht, wenn auf dem Saatgut-Tütchen „Bio“ steht. „Bio“ darf sich auch Saatgut nennen, wenn die Pflanze, die das Saatgut liefert nur für eine Generation ökologisch angebaut wurde. Und noch mehr: Diese Pflanze kann unter konventionellen Bedingungen gezüchtet worden sein und somit in ihrer Biografie keine Anpassung an die Erfordernisse des Öko-Anbaus ausgebildet haben. Mehr zum Thema „samenfeste Biosorten“ findet ihr hier.

Deshalb Augen auf beim Saatgut-Kauf!

Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl an kleineren Gärtnereien und mittelständischen Betrieben, die seit Jahrzehnten kontrolliert biologisch-dynamischem oder organisch biologischem Anbau betreiben und sich mit Herzblut dem Erhalt und der Weiterentwicklung alter, regionaler Sorten verschrieben haben, sowie ökologisch gezogene Jungpflanzen, Stauden, Gehölzpflanzen, bzw. Stecklinge anbieten.

Umfangreiche Listen solcher rein ökologisch arbeitender Betriebe, wo ihr alles bestellen könnt, was ihr für euren Garten braucht, findet ihr unter dem neuen Haupt-Menüpunkt „Wissenswertes“. Dort sind alle unsere Infos & Tipps jetzt übersichtlich zusammengestellt. Zum Beispiel auch viele Adressen für echt ökologisches Saatgut und Pflanzen.

Auch unsere Link-Liste und Kurzbeschreibung der Firmen und Projekte, die sich dem Schutz des wichtigsten Kulturguts der Menschheit – unserem Saatgut – verschrieben haben, möchte ich euch empfehlen.

Wir haben in unseren urbanen Gärten die einzigartige Möglichkeit, ökologische Saatgut-Projekte- und Initiativen zu unterstützen und uns an dem Erhalt unserer regionaler Pflanzenvielvalt zu beteiligen. So sind und werden die urbanen Gärten zu biodiversen Überlebensinseln mitten in der Stadt.

Das neue europäische Saatgutrecht

Die Verhandlungen über das neue europäische Saatgutrecht gehen bald in eine entscheidende Phase: Mitte März findet die zentrale Abstimmung im Ausschuss des europäischen Parlaments statt. Der derzeitige Vorschlag der EU-Kommission ist sehr industriefreundlich, da die neuen gentechnischen Verfahren von der bestehenden
Regulierung ausgenommen werden sollen. Dies hätte weitreichende Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, unsere zukünftige Ernährung und die Rechte der Bäuerinnen und Bauern haben wird.

Unter anderen arbeitet ARCHE NOAH an juristisch wasserdichten Änderungsanträgen für ein Saatgut-Recht, welches „die biologische Vielfalt fördert, die Nutzung und legale Weitergabe lokal angepasster Kulturpflanzen und deren Saatgut ermöglicht und das die Rechte der Bäuerinnen und Bauern respektiert“. Weiterlesen bei Arche NOAH

Auch der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e. V. (VEN) informiert regelmäßig über die aktuelle politische Situation und die laufenden Petitionen, stellt Saatgutlisten bereit und informiert in Webinaren über das Thema, speziell auch für urbane Gärtner*innen.

Hier gehts zum Veranstaltungskalender des VEN

Tipp: Dokumentarfilm „Seeds of Europe“ – Kleinstbetriebe erhalten Vielfaltssorten

Im Sommer 2023 reisten zwei Filmemacher*innen durch Europa und besuchten KleinerzeugerInnen von Vielfaltssorten in Irland, Luxemburg, Frankreich, Italien, Österreich und der Tschechischen Republik. Der künstlerisch ansprechende Film von Lennart Kleinschmidt und Lotta Schwenkert ist auf youtube zu sehen:

https://www.youtube.com/watch?v=hj-oyEix1Q0   (mit deutschen Untertiteln)

Der Dokumentarfilm vom November 2023 zeigt, was ErhalterInnen der Sortenvielfalt tun und wie sie darüber denken. In ihrer Landessprache (mit englischen, deutschen und französischen Untertiteln) schildern sie, dass Vielfaltssorten die Grundlage unserer Ernährung darstellen und leckeres und gesundes Essen ermöglichen. Im Klimawandel bieten sie Anpassungsfähigkeit und Resilienz.


Text: Ruth Mahla