Die schönen Wilden auf unserem Balkon

Vernissage zum BioDivHubs – Balkonprojekt im SchauRaum am Ackermannbogen

Vernissage: Mittwoch, 27.11.2024; 18:00 – 20:00 Uhr
Veranstaltungsort: Schauraum am Ackermannbogen

Fotograf*innen: Konrad Bucher, Irmela Leuthel, Bettina Lindenberg, Sabine Schiefert, Clarissa Schneider

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Naturschutz auf dem Balkon?

„Unter dem Motto „ Platz zum Überleben gesucht!“ pflegen seit dem Frühjahr 2024
rund 60 Nachbarinnen und Nachbarn aus dem Ackermannbogen heimische Wildpflanzen auf ihren Balkonen und dokumentieren deren Wachstum in Zusammenarbeit mit der TU München. Durch die sorgfältige Beobachtung der Pflanzen unter dem ökologischen Aspekt begeisterten wir uns für die Schönheit unserer Schützlinge. Über das Balkonjahr entstand eine große Vielfalt an Bildern. Eine Auswahl davon zeigen wir in dieser Ausstellung.“

Weitere Öffnungszeiten:

Freitag, 29. November 2024, 17:00 – 19:00 Uhr
Sonntag, 01. Dezember 2024, 11:00 – 13:00 Uhr
Sonntag, 08. Dezember 2024, 11:00 – 13:00 Uhr


Finissage: Freitag, 28. Februar 2025, 17:00 – 19:00 Uhr


Einladungstext: Ackermannbogen e.V.; Pflanzenbilder: Konrad Bucher, Irmela Leuthel, Bettina Lindenberg , Sabine Schiefert, Clarissa Schneider

Bericht vom Netzwerktreffen der Urbanen Gärten München – Motto: Schatzkiste Biodiversität

am 25. Oktober 2024, 17:30 Uhr – 20 Uhr im Ökologischen Bildungszentrum (ÖBZ)

Erster Programmpunkt: Gartenrundgang

Zuerst führten uns Marc Haug, Leiter des ÖBZ, und David Schoo von der TUM, beides Verbundpartner des Projekts „BioDivHubs – Biodiversität ins Quartier“ zu den auf dem weitläufigen ÖBZ-Gelände schon durchgeführten Biodiversitäts-Maßnahmen.

Die erste Station war die in diesem Sommer angelegte Benjeshecke, die sich in einen schönen Schwung an eine Gehölzgruppe anschmiegt. Marc Haug erzählte sehr eindringlich, wie wichtig die Ästhetik solcher „wilder“ Elemente für die Akzeptanz bei der breiten Bevölkerung ist. Für die Tierwelt ist jede dauerhafte Anhäufung von Totholz, Laub und Reisig eine Wohltat, als Versteck, Nahrungsquelle – als wilder Lebensraum und Rückzugsort. Um möglichst viele Menschen, ob Besucher*innen, Anwohner*innen oder Gärtner*innen, für einen Naturgarten zu gewinnen, sollten solche Strukturen möglichst „aufgeräumt“ und ästhetisch aussehen.

Die nächsten Station führte uns zu den Stellen, wo die Frühjahrsgeophyten gepflanzt wurden – eine tolle Aktion im ÖBZ, bei der auch viele Kinder begeistert mitgemacht haben und die man ganz leicht nachmachen kann. Wichtig ist dabei nur, dass man keine bunte Zwiebelmischung vom Baumarkt kauft, sondern darauf achtet, wilde einheimische oder seit langen eingebürgerte Frühblüher-Zwiebeln zu kaufen, da nur diese als erste Nahrungsquelle für die einheimische Insektenwelt taugen. (Bericht und weitere Infos zu den Frühblühern)

Die letzte Station erklärte uns David Schoo von der TUM: Das große neu angelegte Beet wurde und wird mit einheimischen Wildstauden bepflanzt, wobei die sorgsame Pflanzenauswahl das Ergebnis eines langen Erkenntnisprozesses und vieler Diskussionen war: Anfangs waren die Projektpartner am „Conservation Gardening-Konzept“ orientiert. Dieser Ansatz – entwickelt von der Uni Leipzig und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung – beruht auf der Erkenntnis, dass heimische Arten, die an ihren natürlichen Standorten gefährdet sind, auch im Siedlungsraum gepflanzt und so vor dem Rückgang oder sogar dem Aussterben bewahrt werden können.

Andere Wissenschaftler*innen sehen diesen Ansatz allerdings kritisch, weil er nicht berücksichtigt, dass besonders geschützte Arten gar nicht erhältlich sind und die Ausbringung dieser Arten an neuen Standorten Florenverfälschung verursachen kann.

Durch intensive Diskussion mit den verschiedenen Experten wurden für das Schaubeet dann v.a. Arten ausgewählt, die im Münchner Umland vorkommen und besonders gut an den sonnigen Standort und den schweren Lößlehmboden angepasst sind.

(Mehr Infos zu diesem Projekt hier)

Gartenplanung mit Kürbissuppe

Zum Auftakt des Hauptprogramms gab es eine wunderbare Nachricht vom Sonnengarten Solln. Adi Lange, langjährige Koordinatorin und gute Seele des Gartens erzählte, dass endlich die Existenz des schönen Gemeinschaftsgartens dauerhaft gesichert sei: Das Bauprojekt Grüngürtel Solln wurde zugunsten der Erhaltung der Frischluftschneise und des Gartens aufgegeben. Was für tolle Nachrichten!

Beim Kürbisschnippeln stellten wir dann unser neues Workshop-Programm mit dem offiziellen Namen: „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in den urbanen Gärten in München“ vor

Das Programm bietet eine Vielzahl an Workshops und Veranstaltungen zu nachhaltiger, ökologischer und biodiverser Gartengestaltung und nachhaltigen Lebensstilen an.

Einen Überblick mit allen Referent*innen und Themen findet ihr hier: Bildung für nachhaltige Entwicklung in den urbanen Gärten München

Auch die drei Biodiversitäts-Maßnahmen vom Rundgang – das Anlegen einer Benjeshecke, Frühblüher pflanzen und die Planung einer Blühfläche mit heimischen Arten – können von den Gartenkoordinator*innen und Gärtner*innen im Münchner Netzwerk ab 2025 kostenlos gebucht werden.

Gemeinsam Gutes wachsen lassen….

Unser langfristiges Ziel ist es, vielen urbanen Gärten in München zu ermöglichen, ein eigenes, ständiges BNE-Programm anzubieten und so ein BNE-Lernort zu werden. Alle unsere Workshops sind so konzipiert, dass die Teilnehmer*innen das Gelernte anschließend weiter vermitteln können und zu Multipliktor*innen für Nachhaltigkeitsthemen werden. Mit dabei sein können nicht nur urbane Gemeinschaftsgärten, sondern auch die Krautgärten und die Kleingärten in München.

Unser Projekt ist Teil der BNE-VISION 2030, ein Projekt, das Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Landeshauptstadt München strukturell verankern soll. 

Das Feed-Back der Teilnehmer*innen war sehr interessant: Viele ihrer Wünsche und Anregungen lassen sich eher im Bereich soziale Herausforderungen verorten. „Umgang mit Gemüsediebstahl“, „Ehrenamtliche gewinnen und Gemeinschaft fördern“, „interne Kommunikation“ und „ganz niederschwellige Methoden, Nachhaltigkeit zu vermitteln“ waren wichtige Themen, bei denen sich urbane Gartenkoordinator*innen und Gärtner*innen Unterstützung wünschen.

Die Urbanen Gärten München werden im Laufe des nächsten Jahres auch in diesem Bereich ein Angebot entwickeln, wobei einige dieser Themen von Steffi Kreuzingers Grundkurs BNE abgedeckt werden können, der darauf abzielt, Menschen für gemeinschaftliches Engagement und Nachhaltigkeit zu begeistern.

Fazit: Harmonische und sichere Lebensräume sind nicht nur für die einheimische Flora und Fauna wichtig, sondern auch wir Menschen müssen uns Nischen bauen, mit denen wir gut klar kommen und die unsere wichtigsten sozialen Bedürfnisse abdecken. Wie wir schöne Gemeinschaften in den Gärten gestalten und lebbar machen, bleibt eine der wichtigsten Aufgabe für die urbanen Gärten.

Wichtiger Programmpunkt: Die Kürbissuppe genießen

Frauke Feuss vom ÖBZ hat uns zwei super-leckere Kürbissuppen gekocht.

Danke Frauke! Und danke an alle großzügigen Kürbisspender!

Weitere Beiträge von Teilnehmer*innen

Die Münchner Krautgärten: „Garden Plots For All“

Die Münchner Krautgärten sind dieses Jahr beim AIPH World Green City Awards 2024 in der Kategorie „Living Green for Urban Agriculture and Food Systems“ unter die Finalisten gekommen.

Herr Ernstberger von den Münchner Krautgärten präsentiert beim Netzwerktreffen der Urbanen Gärten München stolz die Urkunde und erzählt von der feierlichen Ehrung in Utrecht.

Einen lesenswerten Beitrag, wie die Münchner Krautgärten in diesem weltweiten Zusammenhang wahrgenommen werden, findet ihr auf der Website des AIPH.

Wir gratulieren zu diesen tollen Erfolg und freuen uns sehr mit Herrn Ernstberger und seinem Team.


Ehrgeizige Initiativen und Projekte im Bereich Biodiversität und urbanes Grün können sich jetzt für den World Green City Award 2026 bewerben.


Die Biodiversitätsberatung der Stadt München

Zuletzt stellte Michael Hemauer vom Referat für Klima und Umweltschutz der Stadt München noch die Biodiversitätsberatung vor, die kostenlose und unabhängige Beratung zur Umsetzung von Biodiversitätsbausteinen anbietet. Diese werden auch finanziell gefördert. Man kann sich mit seinem Projekt jederzeit bei Michael melden und sich beraten lassen. Er hilft gerne weiter.

muenchen.de/biodiv-foerdern

muenchen.de/biodiv-beratung


Vielen Dank an alle Teilnehmer*innen, Referent*innen und an Frauke vom ÖBZ für die Orga und Moderation. Das nächste Netzwerktreffen der Urbanen Gärten München findet vorraussichtlich Mitte Mai 2025 statt.


Text und Bilder: Ruth Mahla

Karden und Stiglitze

Der winterliche Garten – immer noch schön und lebendig

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Termin: Samstag, 30. November 2024, 11:00 – 12:30 Uhr

Ort: Gärten und (je nach Wetter) Raum 2/3 im Ökologischen Bildungszentrum, Englschalkinger Straße 166,

Treffpunkt: beim Gartenhaus

Referent: Konrad Bucher, Dipl. Ing. Landschaftsarchitektur, Umweltpädagoge

Die Schönheit blühender Gärten kennen wir. Die Winterruhe bringt jetzt ihre ganz eigene Ästhetik in den Garten und birgt immer noch Leben. Viele Arten bilden haltbare Stängel und Samenstände aus, die den Vögeln Nahrung und der Insektenwelt Unterschlupf bieten. Bei einem Rundgang durch die ÖBZ-Gärten entdecken wir den optischen Reiz und die Nützlichkeit der winterlichen Flower Power und reden über eine Art des Gärtnerns, die die Förderung der biologischen Vielfalt mit dem Anspruch an Schönheit verbindet.

Anmeldung bitte beim ÖBZ


Biodiversität und ästhetisches Empfinden – ein Gastbeitrag von Konrad Bucher

„Den Garten winterfest machen“ Welche Bedeutung hat diese geläufige Redewendung eigentlich genau?
Es kommt darauf an, wen man fragt. Früher nannte man einen Gemüsegarten auf dem Land dann winterfest, wenn Sträucher und Stauden abgeschnitten, das Laub zusammengerecht und am besten noch die Gemüsebeete umgegraben waren. Ist alles ordentlich aufgeräumt und vorbereitet für das nächste Frühjahr, ist der Garten winterfest.

Naturnahe Gärten machen sich für eine andere Gartenpraxis stark. Sie verstehen den Garten nicht nur als Nutzgarten, der nach rein praktischen Kriterien funktioniert, sondern als Lebensraum für möglichst viele Insekten, Vögel und andere Gartenbewohner. Und da man weiß, dass Vögel gerne die Samen von stehengebliebenen Blumen fressen und Insekten im Schutz der Pflanzenmasse überwintern, werden die Beete eben nicht abgeräumt. Es soll möglichst viel bis zum nächsten Frühjahr stehen bleiben.

In manchen Gärten, und gerade in den gemeinschaftlich gepflegten mischen sich die unterschiedlichen Garten-Vorstellungen. Während die einen ihr Beet als Lebensinsel verstehen und zugunsten der Insekten möglichst wenig in die natürlichen Prozesse eingreifen wollen, brauchen andere eine gewisse Struktur: der Garten ist für sie ein gestalteter Ort. Das heißt, er soll schön aussehen! Was chaotisch und verwildert wirkt, wird geordnet.
Immerhin ist man sich meistens darin einig, dass der Garten ein Ort für die biologische Vielfalt sein soll. Das Bild von den Distelfinken, die im Winter die Samen aus den stehen gebliebenen Karden picken, finden zum Beispiel alle schön. Schmetterlinge mögen wir auch gerne, und wenn wir wissen, dass ihre Puppen an bestimmten Halmen überwintern – keine Frage, dann bleiben diese vertrockneten Pflanzenstängel natürlich stehen.

Aber dann endet das Vorstellungsvermögen meistens ziemlich schnell: Welche Tierchen sind es denn genau, die sich im toten Pflanzenmaterial am Leben halten? Und welche Pflanzenteile brauchen sie dafür? Samenstände, hohle Stängel, Laub…? Dass wir wenig darüber wissen, liegt in der Natur der Sache: Die Tiere verstecken sich, verkriechen sich im Schutz ihrer pflanzlichen Behausungen, wollen nicht entdeckt werden. Und uns ist es im Winter zu kalt, um geduldig nach kleinem Krabbelgetier Ausschau zu halten. Sobald wir wüssten, was da alles lebt, die Arten sogar noch mit Namen kennen würden, fiele es möglicherweise leichter, das „Chaos“ stehen zu lassen. Hat man mit eigenen Augen die winzige Ameisenspinne entdeckt, wie sie sich im Blutweiderich eingenistet hat, ist der Blutweiderich künftig nicht mehr nur totes Gestrüpp. Das Verständnis dafür, was schön ist, der Blick auf den Garten verändert sich mit solchen Entdeckungen.

Beim Rundgang durch die ÖBZ-Gärten sehen wir uns die Pflanzen unter dem Aspekt ihrer Funktion als Lebensräume an, als Teile eines komplexen Systems.
Wir lernen einige Arten kennen, die sich aufs Versteckspiel spezialisieren und angewiesen sind auf ein bisschen Chaos in den Beeten. Wie wir den Garten künftig gestalten, liegt weiterhin in unserer Hand, aber das ästhetische Empfinden kann sich nach der Bekanntschaft mit den Überlebensgeschichten verändern.


Text: Konrad Bucher, Bilder: Catherina Schroell, Ruth Mahla;

Pflanzen für einen bunten Frühling

Tolle Aktion im Ökologischen Bildungszentrum am 19. Oktober 2024

Viele Kinder aller Altersstufen versammelten sich zusammen mit ihren Eltern an diesem herbstlich-sonnigen Samstag am Platz vor dem Geräteschuppen des ÖBZ-Geländes.

Foto: Marc Haug

Auf zwei Biertischen waren gelbe Netze mit Unmengen von kleinen Zwiebelchen und anderen Samen ausgelegt und auch viele interessante Informationen zu den bunten Frühblühern, die im nächsten Frühjahr Tiere und Menschen erfreuen sollen.

Konrad Bucher, der die Pflanzaktion koordinierte, erklärt den Kindern, den Familien und den anderen Freiwilligen, warum sie heute mithelfen sollen: es ist nämlich geplant, 1000 bunte Frühlingsblumen von 7 verschiedenen heimischen Arten auf das Gelände des Ökologischen Bildungszentrums zu pflanzen, Frühlings-Krokusse, Schneeglöckchen, gelbe Windröschen, Buschwindröschen, Märzenbecher, Lerchensporn und zweiblättrigen Blaustern. Das bedeutet ganz schön viel Arbeit – Erdlöcher ausheben, Zwiebeln mit der Triebspitze nach oben in eine bestimmte Tiefe setzen – nährstoffreiche Komposterde ins Pflanzloch geben und dann das Loch wieder locker mit der ausgehobenen Erde ausfüllen.

Einige Kinder wissen ganz genau, warum die frühblühenden Zwiebelpflanzen nicht nur bunt und schön fürs Auge, sondern wichtig für die Insektenwelt sind: Sie brauchen diesen ersten Pollen und Nektar im Frühjahr ganz dringend als Nahrung.
Vorallem die Wildbienen sind auf spezielle einheimische Blütenpflanzen angewiesen, denn sie sind „Feinschmecker“. Anders als die Honigbienen, die viele verschiedene Blüten als Nahrungsquelle nutzen können – sind die meisten Wildbienenarten, aber auch viele Schmetterlinge, sogenannte Spezialisten: Sie brauchen eine ganz bestimmte Pflanzenart, um überleben zu können. Wenn solche Pflanzenarten verschwinden, verschwinden mit ihnen die Wildbienen und Falter.

Das schöne Buschwindröschen ist zum Beispiel Nahrungsquelle für 18 Wildbienenarten.

Konrad Bucher läßt die Kinder raten, wieviele Wildbienenarten es in Deutschland gibt: Die Hände fliegen hoch – von 30 bis 1000 Arten reichen die Vorschläge – es sind tatsächlich 560 verschiedene Wildbienenarten, die in Deutschland auf die einheimischen Pflanzen als Nahrungsquelle angewiesen sind.

Jetzt muss noch die Frage geklärt werden, warum denn viele dieser früh blühenden Arten eine Zwiebel haben und auch im Auwald, an Waldrändern – am Rande von Hecken – also im Schatten so herrlich bunt blühen.

Überlebensstrategie „früher blühen“

Das Besondere an den Frühblühern ist die kurze Stoffwechselphase. Sie blühen nur kurz, bilden schnell ihre Früchte aus und sind kurz darauf verschwunden. Aber wieso, fragt man sich, schließlich fängt doch das schöne und warme Wetter nun erst richtig an?

Bäume und Hecken beschatten im Sommer den Waldboden so stark, dass beispielsweise das Buschwindröschen keine Chance mehr hätte, ausreichend Licht für die Photosynthese zu bekommen. Im Laufe der Evolution haben sich die Pflanzen des Waldbodens aber eine ökologische Nische gesucht, in der sie überleben können. Sie nutzen das Sonnenlicht, das im zeitigen Frühjahr bis auf den Waldboden fällt, weil die Laubbäume noch kahl sind und viel Licht durchlassen. Mit Nahrung sind die Frühblüher bestens versorgt, denn was sie zum Austreiben und Blühen brauchen ist in ihren unterirdischen Speicherorganen, den Zwiebeln, Rhizomen oder Knollen eingelagert.

Nach der kurzen Blüte haben die Pflanzen wieder genügend Speicherstoffe für das nächste Jahr gesammelt und in den Zwiebeln gespeichert. Sie ziehen danach meist vollständig ein und warten im Waldboden auf ihren Auftritt im nächsten Frühjahr.

Andere Frühblüher-Arten blühen an so einem frühen Zeitpunkt im Jahr, da sie an sommertrockenen Standorten wachsen. Im Sommer wäre nicht genügend Wasser für die ressourcenzehrende Blüte vorhanden, im zeitigen Frühjahr können sie noch aus dem Vollen schöpfen.

Um Nachtfrost und Kälteeinbrüche zu überstehen, haben bestimmte frühblühende Arten „Frostschutzmittel“ entwickelt. Schneeglöckchen lagern zum Beispiel Salze ein, die verhindern, dass das Wasser in ihren Knollen, Blättern oder Trieben gefriert.

Jetzt stellen die Umweltpädagog*innen die Arten vor, die sie pflanzen wollen und teilen alle Kinder und ihre Begleitungen in Pflanzgruppen ein. Wieder fliegen viele Arme hoch: „Ja ich, ja ich“ – alle wollen erstmal in die Gruppe „Frühlings-Krokus“.

Foto: Ruth Mahla

Doch auch Schneeglöckchen, gelbe Windröschen, Buschwindröschen, Märzenbecher, Lerchensporn und der Blaustern finden ihre Anhänger. Mit Zwiebeln, Lageplänen, Spaten und Grabegabeln ausgerüstet, verteilen sich die Gruppen auf dem weiten ÖBZ-Gelände und pflanzen einen bunten Frühling für das nächste Jahr.

Die Diva: Märzenbecher Leucojum vernum

Foto
Foto: Marc Haug

Die Gruppe Märzenbecher geht mit Konrad auf eine Wiese hinter dem ÖBZ-Gebäude.

Der Märzenbecher ist eine richtige Diva, sprich eine schwierige Pflanze, die nicht so leicht anwächst. Die Zwiebeln trocknen leicht aus, und sterben ohne Erde. Deswegen wurden sie nach der Lieferung in kleinen Töpfen mit Erde versorgt und sind schon ausgetrieben. Wegen der zarten Würzelchen muss man sehr vorsichtig mit ihnen umgehen. 6 Zwiebeln setzen wir ca. 10 cm tief in ein großes Spatenloch, das mit etwas Kompost angereichert wurde. Wir setzen die Märzenbecher an 2 ganz unterschiedliche Stellen – auf der Wiese und mitten im Gehölz.

Eigentlich brauchen sie ja schattige Standorte. Es soll aber untersucht werden, wo sie sich besser entwickeln. Leider wird das erst im übernächsten Jahr klar werden, denn die Diva läßt sich viel Zeit mit ihrer Entwicklung und blüht erst im zweiten Jahr.

Das Buschwindröschen Anemone nemorosa

Foto: Martin Lell

Das zarte Buschwindröschen setzt man nur 3 – 5 cm tief in möglichst feuchten und nährstoffreichen Boden mit lockerer Laubmulchschicht, bevorzugt am Rande von Buchengruppen. Es blüht von März bis April; vom Vorfrühling bis zum Frühsommer mit grünen Blättern, dann werden die Blätter eingezogen.

Es ist nicht nur Nahrungspflanze für 18 Wildbienenarten, sondern auch für 4 Schmetterlingsarten, 8 Schwebfliegenarten und eine Käferart.
Status: einheimisch, ungefährdet, nicht besonders geschützt.

Das Gelbe Windröschen Anemone ranunculoides

Foto: Ruth Mahla

Das gelbe Windröschen ist wie das weiße Buschwindröschen einheimisch, ungefährdet, und nicht besonders geschützt und kommt vor allem in Bruch- und Auenwäldern sowie in feuchten Laubwäldern, also vorwiegend außerhalb menschlicher Siedlungen vor.
Es ist für kurzrüsselige Wildbienen, Schwebfliegen, Käfer, Fliegen eine wichtige Nahrungspflanze und blüht etwas später als das weiße Buschwindröschen.

Der Frühlings-Krokus Crocus vernus

Foto: Konrad Bucher

Diese besonders beliebte und bekannte Art wächst auf durchlässigen, nährstoffreichen Boden, gerne auch auf sonnigen Wiesen und im menschlichen Siedlungsbereich. Blütezeit ist von Februar bis März. Der Frühlings-Krokus ist nicht heimisch, aber dennoch Nahrungsquelle/Lebensraum für 4 Wildbienenarten, z.B. die gehörnte Mauerbiene. Die Art ist ungefährdet, aber durch das Bundes naturschutzgesetz (BNatSchG:) besonders geschützt.

Der Zweiblättrige Blaustern Scilla bifolia

Foto: Martin Lell

Der Zweiblättrige Blaustern wächst sowohl an sonnigen, wie auch an halbschattigen Stellen auf feuchten Wiesen und Weiden, Bruch- und Auenwäldern, Laub- und Tannenwäldern.
Schwebfliegen, Bienen, Falter bestäuben ihn und er ist wichtige Nahrungspflanze für die gehörnte Mauerbiene und die gewöhnliche Schmalbiene.
Die einheimische Pflanze blüht im März und April, ist ungefährdet, aber durch das BNatSchG: besonders geschützt. Man sollte die Zwiebelchen 5 -10 cm tief setzen.
In Parks ist meist der angepflanzte Sibirische Blaustern zu finden.

Das Schneeglöckchen Galanthus nivalis

Foto: Ruth Mahla

Schneeglöckchen blühen von Februar bis März und kommen in Bruch- und Auenwäldern, auf nährstoffreichen, feuchten Böden, oft im Wald, aber auch in Gärten vor.
Es ist ebenfalls wichtige Nahrungspflanze für die gehörnte Mauerbiene und die gewöhnliche Schmalbiene. Der grüne Fleck auf den Blütenblättern dient als Orientierungssignal für Insekten, das diese zu Nektar und Pollen führt.
Die einheimische Art ist auf der Vorwarnliste und durch das BNatSchG: besonders geschützt.

Gefingerter Lerchensporn Corydalis solida

Foto: Konrad Bucher

Der Lerchensporn blüht von März bis April in Laub- und Auenwäldern, aber auch auf Obstwiesen und in Weinbergen, vorwiegend außerhalb menschlicher Siedlungen. Er bevorzugt feuchte, leichte, lockere mullreiche Lehmböden.
7 verschiedene Wildbienenarten, 3 Schmetterlingsarten und eine Schwebfliegenart brauchen ihn als Nahrungspflanze.
Er ist einheimisch, ungefährdet und nicht besonders geschützt.


Es war eine wunderschöne Aktion – den Kindern, aber auch den erwachsenen Helfer*innen hat man ihre Begeisterung angesehen.

Stundenlang gemeinsam in der Erde buddeln, Bewegung an der frischen Luft – aber auch konzentriert etwas arbeiten und spielerisch etwas lernen.

Wenn Schule auch öfter so wäre, wäre sicher viel gewonnen für die nächste Generation.

Und wenn im kommenden Frühjahr 1000 einheimische Frühblüher aus der Erde spitzen, ist allen geholfen – der Insektenvielfalt, den Erwachsenen mit ihrem Wunsch nach ästhetischer Natur und den Kindern, die ganz selbstverständlich lernen, Teil der Natur und Teil der Lösung zu sein.


Gartentipps

Es gibt eine Vielzahl insektenfreundlicher Frühblüher. Besonders geeignet sind verwildernde Arten, die zwar kleiner als hochgezüchtete Sorten sind, sich aber selbst aussamen und mit der Zeit bunte Teppiche im Frühjahr bilden. Unsere heimischen Wildarten sind viel wertvoller für die heimische Insektenwelt und deswegen immer den hochgezüchteten und oft auch gefüllten Arten vorzuziehen.

Im Fachhandel hat sich der Begriff „botanische Arten“ eingebürgert. Neben den reinen Wildarten sind damit aber auch Mutationen von Wildarten und Auslesen aus der Wildart gemeint. Erkennbar sind diese am angehängten Sortennamen in einfachen oberen ‚Anführungszeichen‘.

Oft hört man auch den Begriff „Stinsenpflanzen“ in diesem Zuammenhang: Dies sind vom Menschen im Siedlungsbereich, meist in Gärten schon seit langen eingeführte und anschließend verwilderte Pflanzen, die so zu einem Bestandteil der natürlichen Vegetation wurden.

Wenn möglich, bitte auch die Frühlingsgeophyten-Zwiebeln bei Biogärtnereien kaufen, bzw. bestellen. Anders als beim Gemüsesaatgut stammen auch diese Zwiebeln oft aus konventionellen Anbau, was aber bei guten Biogärtnereien immer ausdrücklich vermerkt ist. Meist liegt es daran, dass das knappe Angebot von biologisch vermehrten Frühblühern ab einem bestimmten Zeitpunkt ausverkauft ist.

Jetzt noch schnell pflanzen – so gehts:

  • Vorbereitung des Bodens: Den Boden gründlich lockern und Unkraut entfernen. Etwas Kompost hinzufügen.
  • Pflanztiefe beachten: Faustregel: Zwiebeln oder Knollen doppelt so tief in die Erde stecken, wie sie hoch sind, die Spitze soll natürlich nach oben zeigen.
  • Abstand einhalten: Zwiebeln oder Knollen mit ausreichend Abstand platzieren, um genügend Raum für das Wachstum zu bieten.
  • Einpflanzen und Angießen: Zwiebeln oder Knollen mit Erde zudecken und leicht andrücken. Bei Trockenheit anschließend gießen.
  • Pflanzstelle markieren

Weitere häufige Frühblüher

Foto: Ruth Mahla

Winterling Eranthis hyemalis
kommt in lichten Gebüschen, in feuchten Laubwäldern, oft auch in Parks und auf nährstoffreichen Böden vor.
Wertvoll für Schwebfliegen, Bienen, Falter.
Blühzeiten: Februar – April
Stinsenpflanze: etabliertes (neophytisches) Vorkommen, nicht besonders geschützt.

Foto: Ruth Mahla

Gewöhnliches Leberblümchen Hepatica nobilis
Kommt vor allem in Laub- und Tannenwäldern vor, bevorzugt mäßig feuchte und warme Standorte. Es wächst auch auf verdichteten Böden, solange es darin nicht im Wasser steht und kommt selbst mit strengsten Frösten gut zurecht.
Bestäuber: 18 Wildbienenarten, 3 Schwebfliegen-Arten, Käfer und Fliegen.
Blühzeiten: März, April ; ist im Gegensatz zu den meisten Frühblühern immergrün.
Status: einheimisch, ungefährdet, aber durch das BNatSchG: besonders geschützt.

Foto: Ruth Mahla

März-Veilchen Viola odorata
Oft an Waldrändern und auf Waldlichtungen zu sehen, an trockenen, stickstoffreichen Standorten, vorwiegend außerhalb von Städten.
Bestäuber: Bienen.
Blüht im März und April und ist immergrün.
Status: einheimisch, ungefährdet, nicht besonders geschützt

Scharbockskraut Ranunculus ficaria
Das Scharbockskraut bevorzugt einen halbschattigen, nahrhaften und leicht feuchten Boden. Im Sommer kommt es aber dank seiner Wasservorräte in den Knöllchen auch mit Trockenheit zurecht. Vielerorts der erste Frühblüher.
Bestäuber: kurzrüsselige Bienen, Schwebfliegen, Falter.
Blühzeiten: März – Mai.
Status: einheimisch, ungefährdet, nicht besonders geschützt

Hohe Primel/Hohe Schlüsselblume Primula elatior
Meist auf Feuchtwiesen, in Bruch- und Auenwälder sowie Laub- und Tannenwälder. Weitgehend an Wald gebunden, vorwiegend außerhalb menschlicher Siedlungen, auf nährstoffreichen Böden.
Zieht vor allem Hummeln und Tagfalter an.
Blüht von März bis Mai und hat nur in der wärmeren Jahreszeit grüne Blätter.
Status: einheimisch, ungefährdet, aber durch das BNatSchG: besonders geschützt.

Wald-Gelbstern Gagea lutea
Kommt auf Wiesen und Weiden vor, in Bruch- und Auenwäldern und in feuchten Laubmischwäldern.
Bestäuber: Schwebfliegen, Bienen, Falter.
Blühzeiten: April, Mai
Status: einheimisch, ungefährdet, nicht besonders geschützt.
Die Gelbsterne sind nicht mit den Blausternen verwandt. Sie gehören zu den Liliengewächsen, die Blausterne zu den Spargelgewächsen.


Text: Ruth Mahla; Bilder: Marc Haug, Martin Lell, Konrad Bucher, Ruth Mahla

Myzel

Liebe Freund*innen und Kunstinteressierte,

herzliche Einladung zu unserem  Fungi Fiction Theater-Spaziergang in Buchenhain bei München. 

MYZELein Performance-Spaziergang in eine spekulative Zukunft des Fungizäns

von und mit Ella von der Haide und Nicola von Thurn

Wir treten in symbiotische Beziehung zu diversen Pilzen, um die Naturkatastrophen der nächsten Jahrhunderte zu überleben. Bei diesem Spaziergang darf man spüren, schmecken, riechen und sich ein bisschen gruseln.

Premiere: Sa. 9. Nov. 2024 /14.00 

Weiter Aufführungen: So. 10. Nov.2024 /11.00 und  14.00

Tickets nach Selbsteinschätzung 1 -25 €,  https://MYZEL.eventbrite.de

Ort: Forstenrieder Park  (Dauer: 70min, Wegstrecke: 1,5km)

Treffpunkt:  Eingang “Ludwigs Geräumt” – nahe der Haltestelle Buchenhain (S7 Richtung Wolfratshausen)

Kartenansicht: https://maps.app.goo.gl/LNCW6xrArTeuPiZy5

Mehr Infos: www.post-anthropozentrischer-zirkus.de/MYZEL 

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Liebe Grüsse

Nicola von Thurn und Ella von der Haide 


Text und Bild: Ella von der Haide